Dazu braucht man also erst einmal die Erde in einem `virtuellen Labor',
am besten, gleich mit dem Mond dazu, damit das System nicht nur einfach
aus einer Kugel besteht. In Wirklichkeit ist der Mond von der Erde
ca. 60 Erdradien entfernt. Aber im virtuellen Labor kann man ja `Gott' spielen
und den Mond in die interessantere Entfernung von 1.5 Erdradien setzen.
Interessanter ist dieser Abstand deshalb, weil bei einem Schwarzen Loch in
einem Abstand vom 1.5 des Schwarzschildradius der sog. Photon-Orbit
liegt. Der Photon-Orbit ist derjenige Abstand, in dem Photonen, als Licht, um
das Schwarze Loch auf einer Kreisbahn herumfliegen können; hierbei treten einige
interessante Effekte auf, die im folgenden behandelt werden sollen.
Um aber die Situation etwas realistischer werden zu lassen, sollte man den
`Labortisch' besser weglassen. In Wirklichkeit ist ja das System Erde-Mond
vom Sternenhimmel umgeben. Und so scheint hier der Mond über dem
nächtlichen Zentralafrika vor den Sternenhintergrund des SAO Kataloges der
258.000 hellsten Sterne
(zusammengestellt vom Smithsonian Astrophysical Observatory).
Die Daten der Erdoberfläche (Tag- und Nachtsicht) stammen von
Living Earth ®, die Mondoberfläche
wurde mithilfe der Daten der US-Raumsonde Clementine gestaltet.
Diese Szene ließe sich noch realistischer gestalten, wenn zur Erde
ihre Atmosphäre hinzugefügt wird (hier um einen Faktor 15 größer dargestellt
als in Wirklichkeit).
Allerdings steigt dann der Rechenaufwand
um das 60fache, weshalb in den folgenden Simulationen darauf verzichtet wird.
Was nun geschähe, wenn die Erde soviel Masse hätte, daß sie 90% ihres
Schwarzschildradius ausfüllen würde? Das ist ungefähr diejenige Größe, bei der
ein Stern noch stabil bleiben kann, das genaue Limit liegt bei 9/8 des
Schwarzschildradius, was einer Ausfüllrate von 88% entspricht. Wird ein
Objekt in einen Raumbereich kleiner als dieses Limit zusammengedrückt,
endet er unaufhaltsam im Gravitationskollaps, als Schwarzes Loch.
Die Gravitationskraft eines derart kompakten Objektes ist so stark, daß
Lichtstrahlen quasi `hinuntergezogen' werden. Ein Lichtstrahl, der also im
flachen Raum über dem Nordpol gerade vorbeilaufen würde (siehe voriges
Bild) wird also auf den Nordpol hin abgelenkt und man kann den Nordpol - und
die Gebiet darüber hinaus - auch einer Beobachterposition über dem Äquator
sehen. Gleiches geschieht mit dem Südpol, auch ihn sieht man, in einem
Bild mit dem Nordpol.
Analoges gilt aber auch für die Äquatorgegend: Das Licht läuft auch hier um
die Erde herum und man kann Tag- und Nachtseite auf einmal sehen, und über
die Nachtseite hinaus taucht wieder die Tagseite auf, weil man einmal
`um die Erde herum' sieht, wie auch rechts der Tagseite wieder die Nachtseite
sichtbar wird. Man kann also die gesamte Oberfläche eines Schwarzen Loches auf
einmal (oder sogar öfter als einmal) sehen.
Realistischerweise muß man aber dazu sagen, daß die hier vorgestellte Simulation
eigentlich falsch ist. Wenn man von jedem Punkt aus die gesamte Oberfläche
sehen kann, kann man auch von jedem Punkt der Oberfläche aus den gesamten
Sternenhimmel sehen. Das heißt, daß über jedem Punkt der Oberfläche auch die
Sonne zu sehen ist, da ihr Licht durch die Raumkrümmung auch auf die
sonnenabgewandte Seite, die eigentliche Nachtseite, gelenkt wird. Der
Unterschied zwischen Nacht und Tag verschwimmt somit, und es ist - eigentlich -
überall gleich hell. Dieser Einfluß wurde in den hier vorgestellten Simulationen
nicht nachempfunden, einerseits, weil dies simulationstechnisch relativ
schwierig zu bewerkstelligen wäre, andererseits, weil durch diese Darstellung
der Unterschied zwischen Vorder- und Hinterseite klarer ersichtlich und damit
anschaulicher ist.
Wie sieht das nun von der Erdoberfläche aus, für jemanden, der `mittendrin' im
gekrümmten Raum ist, nicht nur in sicherer Entfernung weit außerhalb?
Hier sieht man nun den Blick auf den Mond, im Abstand von 1.1 Erdradien.
Die ungewohnte Perspektive ist auffällig: Der Mond erscheint zu einer Ellipse
verzerrt, der Sternenhimmel erscheint auf den Horizont hin immer stärker
zusammengequescht - wie erwähnt, kann man ja von jedem Punkt der Oberfläche
aus den gesamten Sternenhimmel sehen, da das Sternenlicht spiralförmig von
allen Seiten herabfällt. Aber auch die gesamte Erdoberfläche ist von jedem
Punkt auf der Oberfläche sichtbar, da Licht, das nicht steil genug vom
Erdboden aufsteigt, wieder auf die Erdoberfläche zurückgezogen wird.
Daher erscheint am fernen Horizont unterhalb des Mondes wieder die Tagseite
der Erde.
Es spricht aber nun nicht wirklich etwas dagegen, die Masse der Erde soweit
ansteigen zu lassen, daß die Erdoberfläche genau am Schwarzschildradius
liegt (ein Vielfaches der Sonnenmasse, deren Schwarzschildradius ca. 2.5km
entspricht. Bei einem Erdradius von etwas mehr als 6000km entspricht dies
also einer Masse von ca. 2500 Sonnen, die auf das Volumen der Erde
zusammengequetscht sind.) Ein derartiges Objekt ist zwar physikalisch nicht
mehr stabil, aber simulieren kann man es nichtsdestoweniger trotzdem.
Gar so unterschiedlich ist die Perspektive gegenüber der vorigen Variante
nicht mehr, die Verkrümmung des Horizontes ist etwas stärker,
wie auch die Verzerrung des Mondes und des Sternenhimmels.
Man sollte sich
jedoch vor Augen halten, daß dies einer der letzten Augenblicke (nicht der
letzte, da der Abstand vom Erdmittelpunkt noch immer 10% außerhalb des
Ereignishorizontes liegt) ist, den ein in das Schwarze Loch `Erde' fallender
Raumfahrer sehen würde. Von hier kann er gerade noch mit einer entsprechend
starken Rakete entkommen, aber etwas weiter, und aus der Region jenseits
des Ereignishorizontes gäbe es kein Entkommen mehr.
Der `letzte Blick' auf den Mond könnte so aussehen wie in diesem Bild:
Hier ist ein fallender Astronaut nur noch 10km vom Ereignishorizont entfernt,
auch ein auf der kollabierenden Erde zurückgebliebener Bergsteiger
auf einem etwas aufgeschütteten Mt. Everest in der Sahara
hätte denselben Ausblick (wenn man die durch die unterschiedliche Bewegung
der beiden Beobachter hervorgerufenen speziell relativistischen Effekte
außer acht läßt, d.h. der Astronaut nicht `frei' fällt, sondern sich noch
gerade irgendwie hält).
Doch nun wieder etwas zurück, nach außerhalb, in die interessanten Regionen
des bereits zuvor erwähnten Photon-Orbit.
Auf den ersten Blick scheint dieser Bereich nicht sonderlich auffällig, weder
der Blick zum Mond selbst, noch in die Gegenrichtung.
Zwar erscheint auch hier der Sternenhimmel am Horizont immer mehr verzerrt,
und man kann auch am Erdrand erkennen, daß hier wieder die Tagseite hinter
der Nachtseite auftaucht bzw. umgekehrt, was schon ein Hinweis auf die
vorhandene starke Raumkrümmung ist, aber wirklich besonders sieht diese
Position nicht aus. Und hier sollen tatsächlich Photonen rotieren können?
Da hilft eigentlich nur eines: Wieder einmal `Gott' spielen und um die Erde
herum entlang des Photon Orbit eine künstlichen Torus setzen, die man
vielleicht als eine Art überdimensionale Raumstation interpretieren könnte.
Der Mond, der sich ja auch auf dem Photon Orbit befindet, wird von diesem
Torus, der sich um die Erde schlingelt, quasi aufgespießt.
Bevor in dieser Szene nun aber die Gravitation `eingeschaltet' wird, heißt es,
erst einmal auf einen genügenden Sicherheitsabstand zu gehen, sagen wir,
sieben Erdradien Distanz.
Und nun: `Klick' - mit Gravitation. Das Licht fällt auf immensen Spiralbahnen
hinunter, wird unweigerlich von der Erdoberfläche angezogen und der Planet
erscheint mit einem Mal in einer Größe, die den Bildausschnit sogar übersteigt.
Durch die Raumkrümmung ändern sich natürlich auch die Entfernungen, und
somit auch der Abstand zur Planetenoberfläche. Würde man jedoch in dieser
Entfernung den Planeten umrunden wollen, bräuchte man dafür mit der gleichen
Geschwindigkeit genauso lange wie im vorigen Bild des flachen Raumes - der
Umfang ist bei gleichem Schwarzschildradialabstand (dem `Kugelflächenradius')
der gleiche, diese Eigenschaft definiert die Schwarzschild-Radialkoordinate.
Der wahre Abstand zur Planetenoberfläche ändert sich jedoch durch die
Raumkrümmung.
Um jetzt eine besseren Blick zu haben, ist es zweckmäßig, das
Kameraobjektiv zu wechseln und ein Objektiv mit einem Bildwinkel von 120°
(horizontal) zu verwenden. So paßt nun die gesamte gekrümmte Planetenoberfläche
und der nahe umgebende Raum ins Bildfeld. Wieder sieht man, wie schon zuvor
beschrieben, die gesamte Oberfläche auf einmal. Aber auch den Torus, der sich
um den Planeten wickelt, kann man in seiner Gesamtheit sehen, er scheint sich
über den Nordpol zu wickeln. Das ist insofern verständlich, weil sich der
Beobachter etwas oberhalb der Äquatorebene befindet und daher das Licht über
den Nordpol hinweg vom Torus zum Beobachter hin abgelenkt wird.
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