Voids
4 Vakuumlösungen - Schwarze Löcher

4.7 Der Ereignishorizont

4.8 Eddington-Finkelstein-Koordinaten

Die Schwarzschild-Radialkoordinate ist über den Kreisumfang definiert: Ein relativ zur gravitativ wirkenden Masse ruhender Beobachter messe den Kreisumfang aller Punkte gleichen Radialabstandes (was z.B. durch Bestimmung der lokalen Raumkrümmung geschehen könnte). Die Radialkoordinate r ist dann so definiert, daß sich der Kreisumfang als 2\pi r ergibt. Gleichermaßen kann auch die Kugeloberfläche mit dem Wert 4\pi r^2 vermessen werden; für eine Radialkoordinate mit dieser Eigenschaft wird in der Folge die Bezeichnung `Kugelflächenradius' verwendet.

Vergleicht ein ruhender Beobachter seine Kreisumfangsmessung mit einem im zu ihm relativen Radialabstand ds=dr/\sqrt{1-\frac{2m}{r}} ruhenden Beobachter, so beträgt die Differenz der Meßergebnisse

2\,\pi\, dr = 2\,\pi\,ds\, \sqrt{1-\frac{2m}{r}}

D.h. je näher ein ruhender Beobachter dem Schwarzschildradius r=2m kommt, desto weniger ändert sich der von ihm gemessene Kreisumfang, im Extremfall r=2m bewirkt jede beliebige Änderung des Radialabstandes ds keine Änderung des Kugelflächenradius; selbst eine unendlich starre kugelförmige Hülle könnte bei r=2m beliebig radial verschoben werden, da sich durch diese radiale Verschiebung die Oberfläche und folglich eine daraus resultierende Oberflächenspannung nicht ändern würde. Tatsächlich jedoch wäre ein `Herausziehen' der Hülle mit erheblich mehr Energieaufwand verbunden, da man ja gegen das Gravitationspotential ankämpfen müßte - nur die Gegenkräfte aufgrund einer Oberflächenspannung würden fortfallen. In Summe ist nur das `Hineindrücken' ohne weiteres möglich bzw. würde von selbst erfolgen. Letztlich bedeutet dies, daß auch eine unendlich starre Membran am Schwarzschildradius unaufhaltsam weiter hinein gezogen würde.

Da es bei r=2m keine ruhenden Beobacher mehr gibt, ist es nicht verwunderlich, daß die Schwarzschildmetrik dort singulär wird.

Ein frei fallender Beobachter erreicht jedoch die Singularität bei r=0 in endlicher Eigenzeit und mißt infolgedessen auch einen endlichen Radialabstand. Daher ist es sinnvoll, die Schwarzschildmetrik in Koordinaten auszudrücken, die einem bewegten Beobachter angepaßt sind. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Metrik lichtartigen Geodäten anzupassen (radial einfallenden Photonen). Wegen ds=0 und d\Omega=0 gilt:

\left( 1 - \frac{2m}{r} \right) dt^2 = \frac{dr^2}{1-\frac{2m}{r}}

bzw.

dt = \pm\frac{dr}{1-\frac{2m}{r}}

Für einfallendes Licht wird mit größerem t die Radialkoordinate r kleiner, daher gilt `-' bzw.

dv := dt + \frac{dr}{1-\frac{2m}{r}} = 0

Dieser Ausdruck legt die Einführung einer avancierten Lichtkoordinate v nahe:

v = t - \int dt = t + \int \frac{dr}{1-\frac{2m}{r}} = t + ( r + 2m \ln | r - 2m | )

Einfallende Lichtstrahlen bewegen sich entlang dv=0 bzw. v=const. const. Über diese Lichtkoordinate kann wiederum eine neue - avancierte - Zeitkoordinate definiert werden:

\bar t := v - r = t + 2m \ln | r - 2m |

Wegen v=const. bleibt \bar t endlich für r\rightarrow 2m, während t\rightarrow\infty. Nun gilt

d\bar t = dv - dr = dt + \frac{dr}{ 1 - \frac{2m}{r} } - dr = dt - dr \left( 1 - \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } \right) = dt - \frac{dr}{1-\frac{r}{2m}}

(Vgl. Straumann) bzw.

dt^2 = d\bar t^2 + \frac{2}{ 1 - \frac{r}{2m} } d\bar t dr + \frac{1}{ \left( 1 - \frac{r}{2m} \right)^2 } dr^2

Somit ergibt sich für die Metrik:

ds^2 = \left( 1 - \frac{2m}{r} \right ) d\bar t^2 + 2 \frac{ 1 - \frac{2m}{r} }{ 1 - \frac{r}{2m} } d\bar t dr + \frac{ 1 - \frac{2m}{r} }{ \left( 1 - \frac{r}{2m} \right)^2 } dr^2 - \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } dr^2 - r^2 d\Omega^2

Nebenrechnungen:

\frac{ 1 - \frac{2m}{r} }{ 1 - \frac{r}{2m} } = \frac{ 1 - \frac{2m}{r} } { \frac{r}{2m} \left( \frac{2m}{r} - 1 \right) } = - \frac{2m}{r}

\frac{ 1 - \frac{2m}{r} }{ \left( 1 - \frac{r}{2m} \right)^2 } - \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } = \frac{ 1 - \frac{2m}{r} } { \left( \frac{r}{2m} \right)^2 \left( 1 - \frac{2m}{r} \right)^2 } - \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } = \frac{1} { \left( \frac{r}{2m} \right)^2 \left( 1 - \frac{2m}{r} \right) } - \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } = \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } \left[ \frac{1}{ \left( \frac{r}{2m} \right)^2 } - 1 \right] =

= \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } \left[ \left( \frac{2m}{r} \right)^2 - 1^2 \right] = \frac{1}{ 1 - \frac{2m}{r} } \left( \frac{2m}{r} - 1 \right) \left( \frac{2m}{r} + 1 \right) = - \left( \frac{2m}{r} + 1 \right)

Die Schwarzschildmetrik nimmt daher in Eddington-Finkelstein Koordinaten die Form

\boxed{ ds^2 = \left( 1 - \frac{2m}{r} \right) d\bar t^2 - \frac{4m}{r} d\bar t dr - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) dr^2 - r^2 d\Omega^2 }

an. Die Metrik ist hier bei r=2m nicht mehr singulär, dafür weist sie jedoch nichtdiagonale Elemente auf (die andeuten, daß die Metrik einem bewegten Beobachter angepaßt ist, hier radial einfallenden Photonen). Für radiale (d\Omega=0) Lichtstrahlen (ds=0) gilt:

\left( 1 - \frac{2m}{r} \right) d\bar t^2 - \frac{4m}{r} d\bar t dr - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) dr^2 = 0

Über die Umformungen

\left( 1 - \frac{2m}{r} \right) d\bar t^2 + \left[ \left( 1 - \frac{2m}{r} \right) - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) \right] d\bar t dr - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) dr^2 = 0

\left( 1 - \frac{2m}{r} \right) (d\bar t + dr) d\bar t - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) (d\bar t + dr) dr = 0

folgt:

(d\bar t + dr) \left[ \left( 1 - \frac{2m}{r} \right) d\bar t - \left( 1 + \frac{2m}{r} \right) dr \right] = 0

Radiale lichtartige Geodäten können somit auf zweierlei Weise auftreten:

Die Darstellung der Schwarzschildlösung in Eddington-Finkelstein-Koordinaten hat die Eigenschaft, nicht mehr zeitsymmetrisch zu sein. In der Metrik kann statt `+' auch `-' gewählt werden, anstelle einer avancierten also eine retardierte Zeitkoordinate eingeführt werden. Daraus folgt eine zur Schwarzschildmetrik ebenfalls isometrische Vakuumlösung, in der r=2m zwar auch eine Nullhyperfläche darstellt, mit dem Unterschied jedoch, daß zeitartige Geodäten den Ereignishorizont nur verlassen können (`Weißes Loch'-Lösung).

Beide Erweiterungen der Schwarzschildmetrik (`Schwarzes Loch' und `Weißes Loch') können in einem durchgeführt werden und führen zur maximalen Erweiterung der Schwarzschildlösung.

Geodäten und Lichtkegel eines statischen Schwarzen Loches in Schwarzschildkoordinaten; einfallende Lichstrahlen laufen entlang den v=const. Linien und scheinen bei t=+\infty den Schwarzschildhorizont r=2m zu erreichen, um dann - von außen nicht feststellbar - aus dem Unendlichen kommend `rückwärts' zur Singularität zu laufen. Der Übergang bei r=2m ist in der Schwarzschildkarte nicht darstellbar. Wegen der Unzulänglichkeit dieser Karte tritt auch der seltsame anmutende Effekt auf, daß der Zukunftskegel für r<2m nach r=0 gerichtet erscheint - die Schwarzschild-r-Koordinate ist dort zeitartig.

Geodäten und Lichtkegel eines statischen Schwarzen Loches in Eddington-Finkelstein-Koordinaten. Die Karte ist den einlaufenden Lichtstrahlen angepaßt, sodaß die v=const. Linien als 45o-Geraden dargestellt werden. Dafür geht jedoch die Zeitsymmetrie (im Gegensatz zur Schwarzschildkarte) verloren; eine waagrecht gespiegelte Darstellung stellt genauso eine sphärisch symmetrische Vakuumlösung dar, ist jedoch nur für r>2m ident mit der ungespiegelten Lösung (`Weißes Loch'-Lösung).

4.9 Maximale Erweiterung der Schwarzschildlösung